TAVI: Ersatz der Aortenklappe.
TAVI ist eine von Medizinern häufig verwendete Abkürzung für „Transcatheter Aortic Valve Implantation“. Ins Deutsche übersetzt, steht die Abkürzung für Transkatheter-Aortenklappenersatz (bzw. Transkatheter-Aortenklappenimplantation).
TAVI ist ein minimalinvasiver Ersatz einer Aortenklappe. Der Eingriff erfolgt ohne Operation am offenen Herzen und ist deshalb sanfter als andere gängige Herzklappenoperationen.
Das folgende Video erläutert die Methode des Eingriffs.
Inhalt
Das TAVI verfahren
Bei der TAVI Methode wird der Aortenklappenersatz schonend (minimalinvasiv) via Katheter vorgenommen. Genau wie beim klassischen Aortenklappenersatz wird die verkalkte, verengte oder undichte Aortenklappe durch eine künstliche Klappe ersetzt.
Die neue Aortenklappe kann über verschiedene Zugänge mittels Katheter zum Herzen geschoben werden. Die möglichen Zugänge sind:
- Transortal (durch die Aorta / Hauptschlagader oder die Halsschlagader)
- Transfemoral (über eine Schlagader im Bereich der Leiste)
- Transapikal (durch einen kleinen Schnitt im Bereich der Herzspitze)
- Transsubklavial (über die Aorta / Schlüsselbeinarterie)
Am häufigsten wird der Eingriff über einen Schnitt in der Leistengegend durchgeführt (Transfemoral).
Bei einem Eingriff mittels TAVI wird die neue biologische Aortenklappe kleingefaltet und chemisch gereinigt. Ein späteres Abstoßen durch den Körper wird dadurch verhindert.
Vor dem Einsetzen der neuen Herzklappe wird die defekte Aortenklappe vorbereitet. Üblicherweise dehnt und weitet man sie mit einem sogenannten Ballonkatheter. Auf diesem Wege schafft man den notwendigen Platz für die neue Herzklappe.
Platzieren der neuen Herzklappe mittels TAVI
Mit einem flexiblen Schlauch – dem Katheter – schiebt man die neue Klappe über die Arterie bis zum Herzen. Sie wird exakt an der Stelle platziert und zunächst teilweise entfaltet, an der sich die defekte Herzklappe befindet.
Über sogenannte bildgebende Verfahren (z.B. Röntgendiagnostik, Magnetresonanztomografie (MRT) und Sonografie (Ultraschall) ) können durchführende Ärzte die neue Klappe genau platzieren. Sollte nach der teilweisen Entfaltung festgestellt werden, dass die Klappe nicht optimal sitzt, kann sie verschoben – oder sogar ganz entfernt werden. Erst wenn die neue Klappe optimal platziert wurde, entfaltet man sie vollständig. Anschließend wird sie vom einführenden Katheter entkoppelt und der Katheter wird gezogen.
Die alte Herzklappe wird während dieses Vorgangs durch die neue Klappe gegen die Gefäßwand gedrückt. Sie muss nicht entfernt werden. Nach der Platzierung übernimmt die neue Klappe die Funktion der alten. Der Blutfluss, angetrieben durch das pumpende Herz, verläuft anschließend natürlich durch die neue Herzklappe.
Tavi ohne Narkose?
Auf eine Narkose wird auch bei der minimalinvasiven TAVI Methode nicht völlig verzichtet. Häufig ist jedoch keine Vollnarkose notwendig. Stattdessen setzen Mediziner auf eine lokale Betäubung oder auf eine sogenannte „Kardioanalgosedierung“. Letztere versetzt den Patienten in eine Art Dämmerschlaf.
Der Vorteil des Verzichts auf eine Vollnarkose besteht darin, dass der Eingriff für den Patienten weniger belastend ist. Außerdem bietet die lokale Betäubung, teilweise kombiniert mit der „Dämmerschlaf-Narkose“ logistische Vorteile für die Klinik: Kürzere Aufenthalte auf der Intensivstation und im Krankenhaus sind die positiven Folgen für Patient und Klinik.
In einigen Fällen wird auch TAVI noch unter Vollnarkose durchgeführt. Patienten sollten sich bei der Entscheidung mit Ihrem Arzt austauschen.
Wie lange dauert die OP bei TAVI?
Die TAVI-Methode ist weniger zeitaufwendig als die klassische Operation einer Aortenklappenstenose. Das liegt vor allem an folgenden Vorteilen von TAVI:
- Der Brustkorb muss nicht geöffnet werden
- Die vorübergehende Stilllegung des Herzens ist nicht notwendig
- Die vorübergehende Stilllegung der Lunge ist nicht notwendig
- Der Eingriff muss nicht unter Vollnarkose erfolgen
Im Kern lässt sich die TAVI-Methode auf diese Vorteile zurückführen. Zusätzlich ist auch die Genesungszeit des Patienten bei TAVI kürzer als bei der traditionellen Operation der Herzklappe.
Häufig lässt sich der Eingriff in weniger als einer Stunde vornehmen. Von Fall zu Fall variiert die Dauer des Eingriffs. Unter komplizierten anatomischen Verhältnissen ist auch eine Dauer von mehr als zwei Stunden üblich.
Welche Komplikationen können bei TAVI auftreten?
Medizinische Eingriffe sind nicht immer frei von Komplikationen. Das gilt auch für TAVI-Behandlungen. Die folgenden Komplikationen können auftreten:
- Vaskuläre Komplikationen
Betreffen den Moment, in denen der Katheter in die Arterie geführt wird. Es können beispielsweise Blutungen auftreten. Risikoreduzierend wirkt die stetige Weiterentwicklung der TAVI-Systeme. Vor allem die Fortschritte bei Verkleinerung der verwendeten Geräte reduzieren die Risiken vaskulärer Komplikationen.
- Schlaganfall
Zu Beginn der Behandlungen via TAVI kam es selten zu Blutungsstörungen im Gehirn, in deren Folge es zu Schlaganfällen beim Patienten kam. Das Risiko für einen Schlaganfall während der TAVI-Behandlung ist heute jedoch verschwindend gering.
- Nierenversagen / Niereninsuffizienz
Die TAVI-bedingte Niereninsuffizienz besteht meist nur vorübergehend und ist auf die Anwendung von Kontrastmittel zurückzuführen. Kontrastmittel dienen der Verbesserung von Strukturen des Körpers bei bildgebenden Verfahren, sodass Ärzte z.B. den Katheter auf dem Monitor und folglich im Körper klar lokalisieren können.
- Paravulväre Insuffizienz (Undichtigkeit der Herzklappe)
In seltenen Fällen kommt es zu undichten Stellen am Rande der neu eingesetzten Herzklappe.
- Herzschrittmacher
Einige Patienten sind im Zusammenhang mit einer TAVI-Behanldung auf einen Herzschrittmacher angewiesen.
- Vorhofflimmern
Beim Vorhofflimmern ziehen sich die Vorhöfe des Herzens nicht mehr rhythmisch zusammen. Die Behandlungsmöglichkeiten für Vorhofflimmern gelten allgemein als gut bis sehr gut.
Wie lange hält TAVI?
TAVI kommt in Deutschland zunehmend zum Einsatz. Jedoch handelt es sich bei der Methode um eine noch junge Technologie, für die bis heute kaum Langzeitdaten vorliegen. Die Frage, wie es sich nach einer TAVI-Behandlung leben lässt, ist deshalb schwer zu beantworten.
Aktuell ist davon auszugehen, dass TAVI Herzklappen ähnlich lange halten wie Herzklappen, die auf traditionellem Wege eingesetzt werden. Die Haltbarkeit bzw. Funktionsfähigkeit variiert zudem innerhalb von Alterskohorten der Patienten.
Fünfjahresdaten zeigen, dass TAVI Prothesen innerhalb dieses Zeitraums genauso gut halten wie chirurgisch eingesetzte Herzklappen.
Laut dem Deutschen Ärzteblatt liegt die „Klappendegeneration“ (Defekte Klappen / nicht funktionsfähige Klappen) für Patienten ab 65 Jahren nach 15 Jahren bei 10-36 %. Anders ausgedrückt: Nach 15 Jahren gab es bei 10 – 15% der Ü65 Patienten mit neuer Herzklappe Komplikationen.
Kliniken, die TAVI durchführen
Zahlreiche Kliniken und Herzzentren in Deutschland führen TAVI durch. Eine Übersicht aller Kliniken bietet unsere Liste (alphabetisch sortiert nach Ortsnamen der Stadt oder Gemeinde, in der sich die Klinik befindet).
TAVI-Behandlung und Medikamente
Aspirin und Antibiotika kommen im Zusammenhang mit TAVI häufig zum Einsatz. Die Einnahme dieser Medikamente wird in der Regel nach der Behandlung verschrieben.
Aspirin dient als Medikament zu Blutverdünnung. Häufig verschreiben Ärzte die Einnahme für einen Zeitraum von einigen Monaten im direkten Anschluss an den TAVI-Eingriff.
TAVI-Patienten bzw. Patienten mit Herzklappenimplantaten verabreicht man vor Operationen (dazu zählen auch Zahn-OPs) gern präventiv Antibiotika. Andernfalls bestünde ein erhöhtes Risiko für eine sogenannte Endokarditis – einer Entzündung der Herzinnenhaut bzw. der Herzklappe.
Die Endokarditisprophylaxe, also die vorbeugende Gabe von Antibiotika, ist in folgenden Situationen unumgänglich:
- Vor geplanten Operationen im Allgemeinen
- Vor zahnärztlichen Eingriffen, selbst bei Zahnsteinentfernungen
- Vor Eingriffen im HNO-Bereich (Hals-Nasen-Ohren)
- Vor einer Lungenspiegelung (Bronchoskopie)
- Vor einer Darmspiegelungen
- Vor Magenspiegelungen mit Biopsie
Antibiotika kommen gegenfraglich präventiv für TAVI-Patienten bzw. von Herzklappenpatienten insgesamt infrage.
Da es sich bei TAVI-Klappen um biologische Klappen handelt, ist die lebenslange Einnahme von Gerinnungshemmern nicht notwendig. Gerinnungshemmer spielen bei klassischen Herzklappen-OPs, bei denen mechanische Herzklappen eingesetzt werden, jedoch eine wichtige Rolle.
TAVI und anschließende Reha
Art und Umfang von Rehabilitationsmaßnahmen (Reha) nach TAVI hängen vom Patienten ab. Ärzte entscheiden in Abhängigkeit des individuellen Gesundheitszustandes, ob stationäre oder ambulante Reha-Maßnahmen sinnvoll sind.
Erste Studien ergaben, dass ein Ausdauer- und Krafttraining im Anschluss an einen TAVI-Eingriff positiv auf die Leistungsfähigkeit der Patienten wirkt. Das Training förderte Fitness, Lebensqualität und Funktionsfähigkeit der Probanden.
Zwar sind Rehabilitationsmaßnahmen nicht zwingend erforderlich, jedoch zeigen jüngere Untersuchungen ihre positive Wirkung. Demnach kann eine kardiale Reha, eine Kombination aus physischer und psychosozialer Reha, sogar die Sterblichkeit verringern.
Bedarf, Art und Umfang der Rehabilitation nach TAVI sollten zwischen Arzt und Patient nach dem Einzelfallprinzip besprochen werden.
Die Kosten einer Tavi OP
Die Kosten einer TAVI-Behandlung variieren von Land zu Land und von Währung zu Währung. Im Allgemeinen lässt sich jedoch festhalten, dass eine TAVI-Behandlung teurer ist als die klassische Herzklappenoperation. Verantwortlich für die höheren Kosten ist vor allem das kostenintensivere Material (TAVI-Implantat-Kit). Neben der Herzklappe besteht es aus Ballon und Mantel.
Aufgrund des kürzeren Krankenhausaufenthalts ist TAVI bei den nicht operationsbezogenen Kosten günstiger. Daten aus dem Jahr 2014 für die Schweiz bezifferten die Kosten für eine TAVI-Behandlung (ohne Berücksichtigung des Krankenhausaufenthalts) auf ca. CHF 32.000,00 während die Kosten für den klassischen Eingriff mit CHF 3.000,00 angegeben wurden.
TAVI OP – Erfahrungen
Die Erfahrungen von mittels TAVI behandelten Patienten variieren und hängen vom Einzelfall ab. Der gesamtgesundheitliche Zustand der betroffenen Person spielt für den Verlauf von Herzklappeneingriffen eine wichtige Rolle. Die Bandbreite der Erfahrungsberichte reicht entsprechend von enttäuscht bis glücklich. Zahlreiche persönliche Erfahrungen finden Sie auf unserer Website oder bei der Deutschen Herzstiftung.
Geschichte der TAVI
Der erste TAVI Eingriff wurde im Jahr 2002 vorgenommen. In Deutschland ist diese moderne Art zur Behandlung einer Aortenklappenstenose seit dem Jahr 2007 verfügbar.
Laut dem Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. wurden im Jahr 2017 insgesamt 19.719 kathedergestützte Aortenklappenimplantationen durchgeführt. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Anstieg von 13,5 %.
Eine weitere Zahl aus dem Jahr 2017 verdeutlicht die wachsende Bedeutung von TAVI:
Mehr als 90% der ab 80-jähigen, bei denen eine Aortenklappe erneuert wurde, erhielten eine TAVI.